Klang
Klang als A und O
12.09.
Konkret: Was heisst meine gestrige Diagnose der „verschränkten Voraussetzungen“ für das Problem, das in den Notiven zum Meinen und Verstehen aufgetaucht ist? – Es heisst, dass mir für diese Reflexionen ein Buchstabe fehlte, etwas, das eigentlich ihre Voraussetzung gewesen wäre, und zwar fehlte eher das A als das F, ich würde sogar sagen, es fehlte das A und O.
Beim Thema Entendenz konnte ich noch alles mehr oder weniger im Bereich der herkömmlichen Begriffe und Vorstellungen bewegen. Beim Thema Meinen war das nicht mehr möglich. Das Thema Meinen hätte zurückgreifen müssen auf das Thema Klang. Das Thema Klang war aber nicht da, und konnte es auch nicht sein, weil es dafür selbst viel zu verzweigt, viel zu offen, viel zu projekthaft ist, weil es viel zu sehr ein Ansatz ist, der entwickelt werden muss, um manifest „da“ zu sein.
Das Vertrackte – das wird mir jetzt klar – ist eben nicht nur die hypertext-artige Verknüpfung der Themen, nicht nur ihre voraussetzungsmässige Abhängigkeit voneinander und Verschränkung miteinander, nicht nur das Zyklische, Gegenseitige dieser Voraussetzungshaftigkeit, sondern das Vertrackte, Verflixte liegt vor allem darin, dass all diese Verknüpfungen und Verschränkungen im Vorgedachten, im vorbereiteten Gedachten existieren, wo es keine Raum und keine Zeit gibt, und dass vollkommen unvorhersehbar ist, wie sich sich bei einer Übertragung ins aktuale, explizierbare, textlich kohärent Darstellbare verhalten werden.
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Im Grunde hätten alle Themen, die ich bisher hier angeschnitten habe, das (offene, projekthafte, ansatz-artige) Thema Klang als Voraussetzung gehabt. Insbesondere war das aber beim Thema Meinen der Fall, weshalb es eben auch in solch ein Problem hineingesteuert ist.
All diese Themen – Entendenz, Meinen, überhaupt das ganze rekursiv-iterative Modell der Bedeutung, aber auch Wollen und Sollen – greifen ja in meinem Vor-Denken zurück auf die Idee, oder die Vorstellung, oder die Intuition, dass jegliches geistige Geschehen, also auch die „Sprachverarbeitung“, sich nach dem Vorbild eines akustischen (und eben nicht eines visuellen!) Geschehens betrachten lässt. Dass also Gedanken oder überhaupt kognitive „Inhalte“ alles andere als „Bilder“ oder (geistige) „Objekte“ sind, sondern Oszillationen, Schwingungsscharen, Schwingungszüge, stehende oder bewegte, sich transformierende Wellen. Die neurale Realität legt das nahe: Neuronen kommunizieren untereinander durch elektrochemische Schwingungen (periodisch „gefeuerte“ Aktionspotenziale). Und auch die kognitive Selbsterfahrung, wenn man sich einmal von den „Bilder-“ und „Objekt-“ Vorurteilen freimacht, geht eher in die Richtung, dass Gedanken durch eine Art von Resonanz aneinander anschliessen. Der Geist, in meiner Denkart, ist eine Klangveranstaltung.
Wenn man jetzt aber Themen wie Entendenz oder Meinen entwickelt, ohne bereits zuvor das Klang-Thema entwickelt zu haben (das sich aber nicht einfach so „entwickeln“ lässt, da es ja selbst ein Ansatz, also projekthaft, ist), dann hängen absolut wesentliche Elemente in der Luft. Etwa, warum ich einen so ausserordentlichen Wert auf die Prozessualität des Mentalen lege, warum ich es für entscheidend halte, sich das Meinen (die „Intentionalität“) als einen Vorgang, nicht einen Zustand zu denken, ebenso das Wollen (im Zusammenhang mit der Wollens-Sollens-Formel) eben nicht als die „Instanz“, die man dann „Willen“ nennt, sondern als einen komplexen, vielgliedrigen Vorgang, einen Hyperprozess –
Und wenn man andererseits eben nicht will, dass all das in der Luft hängt, und deshalb immer wieder auf den Klang verweist, dann muss dieser Verweis falsch wirken, irreführend, denn es wird dann eher scheinen, es gehe, zum Beispiel im Kontext der Bedeutungsfrage, um den Wortklang, also um das Onomatopoetische, die Schallfigur des Wortes, die möglicherweise einen Bezug zu seiner Bedeutung hat. Darum geht es mir aber nicht, sondern es geht mir sozusagen um den Klang des Wortsinns, was ich aber nicht artikulieren kann, ohne zuvor dem Begriff Klang eine neue Bedeutung gegeben und die um diese Bedeutung herum sich scharenden, teils noch vagen Denkfiguren skizziert zu haben –
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